„Es war Weihnachtszeit und die Zahl der Bestellungen nahm zu. Wir waren nicht mehr in der Lage, die Produkte selbst zu verpacken, also begannen wir, nach einem Verpacker zu suchen. Dann sah ich im Fernsehen ein gutes Beispiel für eine Beschäftigung, bei der ein Unternehmen eine Person mit Behinderung einstellte, die relativ einfache Arbeiten erledigte und damit zufrieden war. Vielleicht wäre das etwas für mein Unternehmen? Warum nicht einen Versuch wagen? Es dauerte eine Weile, bis ich herausfand, an wen ich mich wenden sollte. Doch dann fand mein Kollege diese Organisation, die darauf spezialisiert ist, Menschen mit Behinderung bei der Arbeitssuche zu helfen. Sie setzten sich schnell mit uns in Verbindung, erfragten unsere Anforderungen und schickten uns zwei Kandidaten. Dem ersten Bewerber gefiel der Arbeitsort nicht, der zweite war von der Stelle sehr angetan, da er bereits ähnliche Erfahrungen gemacht hatte. Wir haben uns für den zweiten Bewerber entschieden – das war Ugnė.“
„Glücklicherweise kam in der ersten Arbeitswoche ein Jobcoach dieser Organisation vorbei. Er war eine große Hilfe. Er erklärte uns, an wen wir uns wenden müssen, um all die administrativen Details zu klären, die bei der Einstellung einer Person mit Behinderung anfallen. Der Jobcoach informierte uns auch darüber, dass wir für eine finanzielle Unterstützung infrage kämen. Wir wandten uns daraufhin an die Arbeitsverwaltung, um diese finanzielle Unterstützung zu erhalten. Es wurde ein kurzfristiger Zuschuss von 50 % des Gehalts für drei Monate gewährt. Ich muss zugeben, dass der Einstellungsprozess etwas länger dauert, weil mehr Papierkram erforderlich ist. Gleichzeitig ist dies aber auch der Weg, um die finanzielle Unterstützung zu erhalten, die wir am Anfang für ihren Orientierungsprozess gebraucht haben.“
„Die erste Arbeitswoche begann mit dem Jobcoach, der uns dabei half, mit Ugné zu kommunizieren. Das war ein Augenöffner für uns. Wenn du ihr zum Beispiel sagst, dass du um 10 Uhr im Büro sein wirst, wird sie genau um 10 Uhr auf dich warten. Kommst du jedoch früher oder unangekündigt, wird sie irritiert sein. Wenn man das weiß, versteht man auch, warum sie gereizt reagiert, wenn man sich nicht an die Vereinbarungen hält.“
„Der Jobcoach hat uns auch dabei unterstützt zu verstehen, welche Anpassungen nötig sind, damit sie sich wohlfühlt und ihre Arbeit als Packerin erledigen kann. Es war interessant zu sehen, welche Anpassungen erforderlich waren. Tatsächlich waren es nur Details. So musste der Arbeitsraum beispielsweise so eingerichtet werden, dass nur die wesentlichen und notwendigen Informationen vorhanden waren. Ugnė sollte nur wenig lesen müssen, um schnell herauszufinden, welche Produkte wo platziert werden und welche Verpackungen dementsprechend verwendet werden müssen. Die Lösung dafür war ganz einfach: Wir haben die verschiedenen Produkte in unterschiedlichen Farben gekennzeichnet. Auf den Flaschen haben wir Symbole von Wassertropfen angebracht, um anzuzeigen, wie viele Tropfen sich in den Flaschen befinden müssen.“
„Am Anfang hat der Jobcoach Ugnė bei ihrer Arbeit betreut, um sicherzustellen, dass sie die Anforderungen und Arbeitsabläufe versteht. Sie war sehr motiviert, die Arbeit zu erlernen. Nach einem halben Jahr konnte der Jobcoach nur noch ein- oder zweimal pro Woche kommen, um zu überprüfen, ob alles in Ordnung war. Mittlerweile ist Ugnė in der Lage, selbstständig zu arbeiten. Anfangs arbeitete Ugnė außerdem nur langsam. Sie brauchte Zeit, um zu lernen, wie man die Schachteln faltet und wie wichtig jedes Detail auf der Verpackung ist. So muss beispielsweise der Aufkleber an einer bestimmten Stelle angebracht werden, damit die Verpackung schöner aussieht. Mittlerweile ist Ugnė unsere Expertin für das Packen und hat eine Vorliebe für Details, Konkretheit und Stabilität entwickelt. Zunächst wollten wir ihr ein Gehalt zahlen, das sich an ihrer Produktion orientiert. Nach einer Weile wurde jedoch klar, dass sich ihre Produktivität nicht steigern ließ, weshalb wir beschlossen, ihr ein festes Gehalt zu zahlen.“
„Einen Kollegen mit Behinderung zu haben, hatte Auswirkungen – wenn auch nur geringfügige. Es sind nur kleine Dinge, aber wenn man sie erst einmal kennt, ist es einfach, sie zu berücksichtigen. Wenn wir zum Beispiel etwas in der Arbeitsumgebung ändern wollen, ohne dass es zu Irritationen kommt, müssen wir zuerst überlegen, wie wir es der Person mitteilen. Wir haben einmal den Platz der Mikrowelle in der Küche geändert. Für uns war das keine große Sache, aber für Ugnė war es eine echte Veränderung, mit der sie nicht zufrieden war und über die sie sich eine Zeit lang beschwerte. Jetzt kündigen wir vorsichtig an, dass es in Zukunft einige Änderungen geben wird. Dann geben wir ihr etwas Zeit, sich mit der Idee anzufreunden, und informieren sie erneut, bevor wir die tatsächlichen Änderungen vornehmen.“
„Ich bin zufrieden mit meiner Entscheidung, Ugnė einen Arbeitsplatz anzubieten. Es fühlt sich gut an, der Gesellschaft etwas Gutes zu tun, und ich habe viel kostenlose Werbung bekommen, seit ich sie eingestellt habe. Außerdem habe ich seit ich sie eingestellt habe viel kostenlose Werbung bekommen. Das war völlig unerwartet. Für mich liegt der größte Mehrwert in der Einstellung von Ugnė darin, dass sie eine motivierte Mitarbeiterin ist, von der man weiß, dass sie nicht nach ein paar Monaten wegläuft und ihre Arbeit zu schätzen weiß. Meine erste impulsive Reaktion hat sich in wohlüberlegte Maßnahmen verwandelt, durch die ich inzwischen drei Menschen mit Behinderungen als Packer in meinem Team habe. Diese Menschen haben sich direkt an uns gewandt und sich selbst vorgeschlagen. Zukünftig könnten wir eine Stelle als Buchhalter ausschreiben. Wir haben bereits eine Person mit Behinderung, die sich bei uns gemeldet hat und sagte, dass sie gerne in unserem Team arbeiten und Buchhalter werden möchte. Ich würde sagen: Packen wir’s an!“